Deutschlands Abhängigkeiten nehmen zu

Geopolitische Spannungen, Protektionismus, die Covid-19-Pandemie, der  Ukraine-Krieg, Energiekrise und Rohstoffknappheit haben gezeigt, wie abhängig Deutschland geworden ist.  

Laut dem gerade veröffentlichten Deutschland-Monitor der Deutschen Bank Research ist zu erwarten, dass die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland 2022 um 2,5 % und im Jahr 2023 um etwa 5 % schrumpfen wird. In den energieintensiven Industrien seien demnach die größten Rückgänge zu erwarten. Die Analysten sehen darin einen potenziellen Ausgangspunkt für eine beschleunigte Deindustrialisierung Deutschlands. Konkret heißt es in deren Analyse: „Wir sind pessimistischer für den Industriestandort Deutschland als für die großen deutschen Industrieunternehmen, die ihre Aktivitäten besser internationalisieren und Produktionsstandorte nach ihren individuellen Kosten- und Kundenstrukturen wählen können. Für den deutschen Mittelstand, insbesondere in den energieintensiven Branchen, wird die Anpassung an eine neue Energiewelt eine größere Herausforderung, an der manche Unternehmen scheitern werden.“

Telepolis vom 22.10.2022

Deutschland: Abwanderungsland für Unternehmen

Warum Deutschland als Industriestandort zunehmend unattraktiv wird und was helfen soll – wenn es die Lage nicht sogar noch verschlimmert. 

“Das Münchner ifo-Institut rechnet mit vorübergehenden Produktionseinstellungen sowie damit, dass (große) deutsche Unternehmen ihre Produktion langfristig ins Ausland verlagern werden. Auch die internationale Presse, so etwa das News-Portal Bloomberg, sieht Deutschland einem “factory exodus” entgegenstreben. Wie der Focus berichtet, locken unter anderem die USA mit günstigem Atomstrom deutsche Firmen an. Gleichzeitig ziehen sich ausländische Investoren zunehmend aus dem “Hochsteuerland” zurück.

Der Ökonom Daniel Stelter – auch er spricht von einer drohenden Deindustrialisierung – geht davon aus, dass eine Abwanderung deutscher Firmen – sollte sie in dieser Weise eintreten – möglicherweise endgültig sein wird. Der Wirtschaftsstandort Deutschland würde weit hinter seine internationalen Wettbewerber – etwa die asiatische Konkurrenz – zurückfallen und sich davon so schnell nicht mehr erholen.”

Süddeutsche Zeitung
Das Gespenst der Deindustrialisierung

In Teilen der deutschen Wirtschaft greift wegen des rapiden Anstiegs der Gas- und Strompreise Panikstimmung um sich. Angesichts der bis Anfang nächsten Jahres erwarteten weiteren Preiserhöhungsrunde fürchten sowohl Betriebe als auch deren Branchenverbände, dass die Produktion in Deutschland dauerhaft unrentabel werden könnte. Das Münchner Ifo-Institut erwartet, dass die Entwicklung der Energiepreise zu vermehrten Investitionen im Ausland führen wird. Der Kostenanteil für Energie ist auf den ersten Blick gar nicht so hoch”, sagt Ifo-Ökonom Oliver Falck. Der Anteil der Energiekosten am Bruttoproduktionswert liegt in der Autobranche bei 0,5 Prozent, im Maschinenbau bei 0,8 Prozent und in der Chemie bei 3,1 Prozent.

Verlagerungen ins Ausland erwartet

“Trotzdem kann ein starker Preisanstieg bei der Energie die Wettbewerbsfähigkeit gerade von denjenigen Branchen beeinträchtigen, die im harten internationalen Wettbewerb stehen und ohnehin schon wettbewerbsbedingt relativ geringe Umsatzmargen realisieren.” Falck erwartet “vorübergehende Produktionseinstellungen und die Verlagerung besonders energieintensiver Produktionsschritte ins Ausland.”