Fachkräftemangel

„Deutschland hat kein Fachkräftemangel, mit effizientere Arbeitsabläufen in Ämtern, Restaurants oder Krankenhäusern können wir den Personalnotstand wettmachen,“ sagt infpro Experte Prof. Dr. Andreas Syska. Seine These: “Immer häufiger wird Arbeit in Deutschland nicht mehr geleistet, sondern nur noch inszeniert.” Stimmt das oder haben wir doch ein Fachkräfteproblem in Deutschland?

Politik und Fachkräftemangel: Deutschland sucht Personal – taz.de

“Für Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ist die Sicherung von Fachkräften eine „Schicksalsfrage“. Das Bundeskabinett verabschiedete am Mittwoch eine sogenannte Fachkräftestrategie. Sie bündelt diverse Maßnahmen aus verschiedenen Ministerien. Nur zum Teil handelt es sich bei der „Fachkräftestrategie“ um geplante neue Gesetze. Auch Werbemaßnahmen und „Dialoge“ zählen dazu, in die auch Arbeitgeber und Gewerkschaften eingebunden sind. Zu den aufgelisteten Maßnahmen gehören etwa die „Ausbildungsoffensive Pflege“, eine „Allianz für Aus- und Weiterbildung“, der „Dialogprozess Längeres Arbeitsleben“, der „Dialog und Arbeitsprozess Mittelstand, Klimaschutz und Transformation“.”

Prof. Dr. Ing. Andreas Syska

Längere Arbeitszeiten gegen den Arbeitskräftemangel? 

Als Produktionsingenieur bin ich auf die Optimierung von Prozessen in Fabriken spezialisiert. Das dabei verwendete Gedankensystem kommt aus Japan und hat fulminante Erfolge gebracht in Geschwindigkeit, Effizienz und Qualität, ohne dass Mitarbeiter sich gestresst fühlten. Es ist universell einsetzbar und nicht nur auf die Industrie beschränkt. Wenn wir es und im Dienstleistungssektor und öffentlichen Verwaltungen zu eigen machen, können wir die Effizienz hierzulande derartig steigern, dass der Arbeitskräftemangel schnell und dauerhaft gelöst würde.

Die Strategie, schlechte Organisation dadurch abzufangen, dass man Mitarbeitern und Kunden Zeit und Nerven stiehlt, geht nur solange gut, bis einem Mitarbeiter und Kunden weglaufen. Dieser Moment ist jetzt gekommen. Und das ist gut so.

Immer häufiger wird Arbeit in Deutschland nicht mehr geleistet, sondern nur noch inszeniert. Ein gut designter Prozess, wo jeder maximal selbst Wert schöpft, ist in der Stadtverwaltung, im Handwerksbetrieb und in Restaurants ebenso wichtig wie in Produktionsstätten. Ganz nebenbei: erst, wenn die gesamte Organisation einer Aufgabe kritisch hinterfragt ist, darf die Digitalisierung ansetzen. Deutschland braucht kein Bekenntnis zu Mehrarbeit, sondern zu Leistung.

Die Techniker

Deutschland sucht Fachkräfte

Trotz des im März 2020 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungs-gesetzes fehlen in Deutschland über 500.000 Fachkräfte. Ob in der Industrie, der Pflege oder im Handwerk: Der Mangel wird immer gravierender. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesinnenministerin Nancy Faeser haben nun Eckpunkte eines neuen Einwanderungsrechts vorgestellt, um den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland weiter anzukurbeln.

Der Mangel an Arbeitskräften kommt nicht überraschend. Der demografische Wandel macht sich bemerkbar, denn Deutschland verliert pro Jahr rund 350.000 Menschen im erwerbsfähigen Alter. Bis 2035 werden dem Arbeitsmarkt rund sieben Millionen Menschen weniger zur Verfügung stehen.  In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, der die Interessen von mehreren Millionen Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen vertritt, klagen 56 Prozent der Firmen über fehlende Mitarbeiter. Das ist eines der größten Geschäftsrisiken. Die Bundesagentur für Arbeit listet aktuell in 148 Berufen Engpässe auf. Weitere 122 Berufe stehen unter Beobachtung. In Deutschland sind noch nie so viele Arbeitsplätze unbesetzt gewesen wie im ersten Quartal 2022. Eine Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg ergab für den Zeitraum Januar bis März 2022 bundesweit insgesamt 1,74 Millionen offene Stellen. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Messung im Jahr 1989.