Was Unternehmen gegen den Fachkräftemangel tun können.

 Ein Beitrag von Prof. Dr. Volker Engert.

 

“Der Fachkräftemangel ist auch in unserem Unternehmen angekommen. Nach langer Zeit haben wir in Werner M. endlich einen geeigneten Bewerber gefunden. Jetzt gilt es, den „Neuen“ schnell mit unseren Abläufen vertraut zu machen. Doch aller Anfang ist zeit- und kostenintensiv. Unser langjähriger Mitarbeiter, Andreas B., hilft dem neuen Mitarbeiter, sich bei uns zurechtzufinden. Notwendigerweise bleibt seine Arbeit entweder liegen oder Werner M. muss warten bis Andreas B. wieder Zeit findet.” Auch wenn dieses Szenario fiktiv ist, der beschriebene Prozess ist in vielen deutschen Unternehmen Realität.

Die Arbeitsmanagement-Plattform „Wrike“ hat ermittelt, dass es bei einem neuen Mitarbeiter ein bis zwei Jahre dauern kann, bis dieser das gleiche Leistungsniveau des Vorgängers erreicht. Ganz zu schweigen von Fehlern, die möglicherweise von neuen Mitarbeitern gemacht werden, weil sie noch nicht mit den Prozessen, Werkzeugen und Strategien des Unternehmens vertraut sind. Durchschnittlich kostet es sechs- bis neunfache Monatsgehälter, um einen Mitarbeiter zu ersetzen und den neuen Mitarbeiter einzuarbeiten. In dieser Berechnung ist die kostbare Zeit der Vorgesetzten für den neuen Mitarbeiter nicht berücksichtigt.[1]

Den Fachkräftemangel durch Gesetze beheben
Die sogenannte Fachkräftelücke lag laut Institut der deutschen Wirtschaft im Dezember 2022 bei 533.000.  [2] Die Situation wird sich in den nächsten Jahren weiter zuspitzen. Die zahlenmäßig starken Jahrgänge der Babyboom-Generation gehen langsam in Rente. Zugleich werden in Deutschland, so schätzt es das Statistische Bundesamt, voraussichtlich immer weniger Kinder geboren. Die Bundesregierung hat dies erkannt und reagiert mit vielfältigen Gesetzen, um Fachkräfte zu gewinnen. So wird das Renteneintrittsalter für die Geburtenjahrgänge bis 1964 sukzessive auf 67 Jahre erhöht. Weiterhin soll sich die Erwerbsquote über alle Altersklassen insbesondere der Frauen deutlich erhöhen. Hierzu soll das Recht auf eine Kindertagesbetreuung beitragen. Arbeitslose und Unqualifizierte sollen durch Bildungsangebote fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden. Mit der Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sollen ausländische Fachkräfte ins Land gelockt werden. Die rasche Wirksamkeit dieser gesetzgeberischen Maßnahmen wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert.

Mit Arbeitsproduktivität gegen den Fachkräftemangel
Die Unternehmen können nun auf die Wirkungen der Gesetze warten oder selbst handeln. In einer Studie des KFW Research wird darauf hingewiesen, dass bei der Eindämmung des Fachkräftemangels die Arbeitsproduktivität nicht ausgeblendet werden darf. Die Produktivität je Erwerbstätigen müsste auf etwa 1% pro Jahr steigen, um den Rückgang des inländischen Arbeitskräfteangebots auszugleichen. [3] Die infpro Studie „Wertschöpfungspotenziale 4.0“ stellt jedoch eine stagnierende und in einigen Branchen eine sinkende Arbeitsproduktivität fest. [4] Allein durch die verstärkte Umsetzung von Wertschöpfungssystemen und Digitalisierung in Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes lassen sich bis zu 95 Mrd. € jährlich realisieren. [5]

Digitale Assistenzsysteme steigern die Arbeitsproduktivität

Mit Unterstützung von digitalen Assistenzsystemen lässt sich die Arbeitsproduktivität steigern. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation schreibt „Mit zunehmender Komplexität von Produkten und Arbeitsplätzen steigen auch die Anforderungen an die Mitarbeitenden. Eine Möglichkeit, Unternehmen und deren Mitarbeitende bei dieser zusätzlichen Belastung zu unterstützen, bieten digitale Assistenzsysteme. Sie entlasten aktiv in Arbeits- und Entscheidungsprozessen und helfen dabei, Aufgaben effektiver zu gestalten, stressfreier und sicher zu erlernen sowie Fehler zu vermeiden.“[6]

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Untersuchung mit Studenten an der SRH-Hochschule in Heidelberg. Im Rahmen einer Modellmontage wurde nachgewiesen, dass die Gruppe, die mit dem digitalen Assistenten „Leanbyte“ [7] arbeitete rund 57 Prozent schneller, mit geringerer Fehlerquote und besserer Qualität, sowie insgesamt effizienter montierte als die Vergleichsgruppe ohne digitale Unterstützung.

Gleiche Ergebnisse bestätigt auch Timm Oberhofer, Geschäftsführer der Oberhofer Kunststofftechnik GmbH. Bei ihm wurden fachfremde und sogar ausländische Mitarbeiter mit dem digitalen Helfer in kurzer Zeit auf ein höheres Qualifikationsniveau gebracht. Für ihn ist die Funktion der automatischen Sprachübersetzung besonders nützlich, gerade für die Qualifizierung von ausländischen Mitarbeitern.

Philipp Rühlemann, Betriebsleiter im Logistikcenter Rotenburg der thyssenkrupp Schulte GmbH, bestätigt ebenso, dass fachfremde Mitarbeiter mit dem digitalen Helfer, schnell und einfach qualifiziert werden konnten.

Prof. Dr. Volker Engert

Prof. Dr. Volker Engert ist an der Fakultät Wirtschaft, der SRH-Hochschule in Heidelberg Professor für Digital Business & E-Commerce, Wirtschaftsinfor-matik und Digitalisierungsmanagement.
Er ist Gründer und CEO der Leaneo Consulting GmbH in Heidelberg.

https://www.leanbyte.de

E-Mail: v.engert@leanbyte.de