Ein Erfolgsmodell „Made in Germany“.

 Ein Beitrag von Klaus Weßing.

Die deutsche Industrie steht vor großen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung und die steigenden Anforderungen an nachhaltige Produktionsprozesse. Vor diesem Hintergrund haben sich Lehrfabriken oder „Learning Factories“ wie sie im Englischen heißen, als unverzichtbares Instrument zur Verknüpfung von Theorie und Praxis im Produktionsumfeld erwiesen. Sie sind eine Brücke zwischen Theorie und Praxis, die Studierenden in Wertschöpfungs-, Lean- und Supply Chain Management hilft, die Komplexität moderner industrieller Prozesse zu verstehen und zu meistern.

Die Lehrfabrik „Made in Germany“ ist ein Erfolgsmodell. Sie hat sich national und international bewährt und ist ein Vorbild für praxisnahe Ausbildung. Deutschland ist bekannt für seine hochentwickelten Produktionssysteme und seine innovationsgetriebene Wirtschaft. Diese „Miniaturfabriken“ an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind zentrale Elemente der akademischen Ausbildung. Und sie werden immer wichtiger, denn die traditionelle theoretische Ausbildung an Universitäten und Fachhochschulen alleine wird nicht mehr ausreichen, um den komplexen Anforderungen moderner Wertschöpfungsnetzwerke gerecht zu werden. 

„Eine praxisnahe Ausbildung, wie sie Lehrfabriken bieten, ist entscheidend, um Studierende auf die komplexen Herausforderungen der modernen Produktions- und Lieferketten vorzubereiten. Theoretische Konzepte wie Lean und Six Sigma entfalten ihre volle Wirkung erst, wenn sie in einem realen Kontext angewendet werden können.“
(Quelle: TUM School of Management). Prof. Dr. Martin Grunow, Lehrstuhl für Produktion und Supply Chain Management, Technische Universität München.

Zum Begriff Lehrfabrik, Definition von Abele, Metternich und Tisch (2023): Eine Lehrfabrik ist eine Lernumgebung, in der reale Produktionsprozesse und Technologien simuliert werden. Sie bieten den Studierenden und Teilnehmern eine praxisnahe Erfahrung durch die Nachbildung von Wertschöpfungsketten, von der Produktentwicklung bis hin zu Qualitätsmanagement und Logistik.
Quelle: SpringerLink (2023)​

Deutschland verfügt über eine solide Basis an Lehrfabriken, die weltweit ihresgleichen suchen. Einige dieser Einrichtungen dienen als Leuchtturmprojekte, die moderne Produktionsprozesse in einer einzigartigen Kombination aus Theorie und Praxis vermitteln. Hier lernen Studierende die Grundlagen der Produktionssteuerung, der Materialflussplanung und der Optimierung von Wertschöpfungsketten anhand realer Maschinen und Simulationen.

Exportschlager Lehrfabrik

Deutsche Lehrfabriken sind ein Exportschlager in Europa und dienen in vielen Ländern als Vorbild für den Aufbau praxisnaher Ausbildungseinrichtungen. Sie werden nicht nur kopiert, sondern auch häufig angepasst und weiterentwickelt, um den spezifischen Anforderungen anderer Länder und Branchen gerecht zu werden.

In Europa gibt es rund 50 bis 60 Lehrfabriken (Learning Factories) für Studierende. Diese Einrichtungen konzentrieren sich auf praxisnahe Ausbildung in Bereichen wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Mechatronik, Logistik und Industrie 4.0. Deutschland hat mit etwa 50 Lehrfabriken die größte Dichte solcher Einrichtungen. Weitere Länder wie Österreich, die Schweiz, Finnland und Schweden haben ebenfalls einige, aber deutlich weniger Lehrfabriken​ Insgesamt gibt es weltweit über 120 Lehrfabriken, wobei der Schwerpunkt in Europa liegt. Die Zahl wächst jedoch weiter, da immer mehr Länder den Bedarf an praxisorientierter Ausbildung in modernen Fertigungstechniken erkennen​.

Hier sind ausgesuchte Gründe, warum deutsche Lehrfabriken international erfolgreich sind und warum sie in Europa und darüber hinaus nachgeahmt werden:

1. Erfolgreiches Modell der dualen Ausbildung
Das deutsche System der dualen Ausbildung, das Theorie und Praxis eng miteinander verknüpft, wird weltweit geschätzt. Lehrfabriken sind ein logischer Schritt, dieses Modell auf den Hochschulbereich auszuweiten, indem Studierende und Fachkräfte reale Produktionsprozesse erleben und praxisnah lernen können. Andere Länder versuchen, dieses erfolgreiche Konzept zu adaptieren, um ihre eigenen Bildungssysteme praxisnäher zu gestalten und besser auf die Anforderungen der Industrie vorzubereiten.

2. Fokus auf Industrie 4.0 und Digitalisierung
Deutsche Lehrfabriken sind Vorreiter bei der Integration von Industrie 4.0-Technologien, wie digitale Zwillinge, Automatisierung, Robotik und vernetzte Produktionssysteme. Diese Technologien sind entscheidend für die Zukunft der Fertigungsindustrie, und Länder in Europa und weltweit sehen die Notwendigkeit, ihre eigenen Fachkräfte in diesen Bereichen auszubilden. Das deutsche Modell der Lehrfabriken bietet eine strukturierte und erprobte Methode, um die digitale Transformation in der Ausbildung zu integrieren.

3. Hohe Praxisorientierung
In Deutschland sind Lehrfabriken stark praxisorientiert. Sie ermöglichen es den Studierenden und Fachkräften, reale Szenarien zu simulieren, die später in der Industrie angewendet werden können. Diese Praxisnähe wird weltweit geschätzt und oft als Vorbild genommen, da sie die Lücke zwischen akademischer Theorie und praktischer Anwendung schließt. Andere Länder erkennen den Mehrwert dieses Ansatzes und versuchen, ihre Ausbildungssysteme durch die Einführung von Lehrfabriken zu verbessern.

4. Internationaler Austausch und Kooperationen
Deutsche Universitäten und Forschungseinrichtungen, die Lehrfabriken betreiben, sind stark in internationale Netzwerke eingebunden. Beispielsweise ist die International Association of Learning Factories (IALF), die von deutschen Institutionen wie der TU Darmstadt und der RWTH Aachen unterstützt wird, ein globales Netzwerk, das den Wissensaustausch und die Verbreitung des Lehrfabrik-Modells fördert. Durch diese Netzwerke wird das deutsche Modell der Lehrfabrik weltweit bekannt gemacht und implementiert.

Länder wie Luxemburg, Österreich, Schweden und Frankreich haben bereits deutsche Modelle übernommen und eigene Lehrfabriken aufgebaut (ESB Business School) (Learning Factories).

5. Hohe Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften
Angesichts der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung in der Industrie gibt es weltweit einen Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften, die mit den neuesten Technologien umgehen können. Lehrfabriken bieten eine ideale Lösung, um dieses Defizit zu beheben, da sie die Studierenden auf die aktuellen und zukünftigen Anforderungen der Industrie vorbereiten. Viele europäische Länder sehen in deutschen Lehrfabriken eine Lösung, um ihre eigenen Ausbildungssysteme zu modernisieren und ihre Fachkräfte besser zu qualifizieren.

6. Anpassbarkeit des Modells
Das Lehrfabrik-Modell ist flexibel und kann an die Bedürfnisse und Anforderungen verschiedener Branchen und Länder angepasst werden. Während in Deutschland der Schwerpunkt auf Automobilindustrie und Maschinenbau liegt, haben andere Länder das Modell in Bereichen wie Logistik, Elektronik oder Lebensmittelindustrie adaptiert. Diese Anpassungsfähigkeit macht das Modell besonders attraktiv für den Export.

Deutsche Lehrfabriken sind nicht nur ein Exportschlager, sondern auch ein Modell, das weltweit nachgeahmt und angepasst wird. Die Kombination aus Praxisorientierung, modernster Technologieintegration und erfolgreicher Ausbildung von Fachkräften macht das deutsche Lehrfabrik-Modell für viele Länder attraktiv. In Europa und darüber hinaus werden deutsche Lehrfabriken als Vorbild genommen, um die Ausbildungslandschaft zu modernisieren und auf die Anforderungen der Industrie 4.0 vorzubereiten.

Was macht die Lehrfabrik so attraktiv?

Deutschland gilt als Vorreiter in der Kombination von Praxis und Theorie in der Ausbildung von Fachkräften. Dies hat dazu geführt, dass Länder wie China, die USA und sogar Indien eigene Lehrfabrik-Modelle entwickeln, die dem deutschen Ansatz nachempfunden sind. Laut einem Bericht des Verein Deutscher Ingenieure (VDI) aus dem Jahr 2022 haben sich die Studierendenzahlen in den technischen Studiengängen durch die Integration von Lehrfabriken um 20 % erhöht. Der entscheidende Faktor dabei: Die Studierenden sind besser auf den Arbeitsmarkt vorbereitet, da sie reale Produktionsbedingungen simulieren und Lösungen für aktuelle industrielle Herausforderungen erarbeiten.

Deutschland hat mit etwa 50 Lehrfabriken die höchste Konzentration in Europa. In anderen europäischen Ländern wie Österreich, der Schweiz, Finnland und Frankreich gibt es ebenfalls einige dieser Einrichtungen, allerdings in deutlich geringerer Anzahl. In Österreich und der Schweiz gibt es insgesamt etwa 5 bis 10 Lehrfabriken. Diese Länder konzentrieren sich auf spezialisierte Bereiche wie Industrie 4.0 und nachhaltige Produktion. Finnland und Schweden bieten ebenfalls einige Lehrfabriken an, die eng mit ihren Universitäten verbunden sind und Schwerpunkte wie Robotik und Digitalisierung abdecken. Im Vergleich zu Deutschland haben die meisten europäischen Nachbarn nur vereinzelt Lehrfabriken, oft weniger als 10 pro Land.

 

State-of-the-Art Lehrfabriken

In Deutschland gibt es sehr viele herausragende Lehrfabriken, die als Vorbilder für die Hochschulbildung im Bereich der Produktion, des Lean- und Supply Chain Managements und des Wertschöpfungsmanagements dienen. Drei von diesen exzellenten Einrichtungen stelle ich hier kurz vor:

1. Smart Factory KL (Technische Universität Kaiserslautern)
Die Smart Factory KL ist eine der modernsten Lehrfabriken Europas. Hier werden digitale Produktionsprozesse im Rahmen von Industrie 4.0-Anwendungen in einem praxisnahen Umfeld erprobt. Die Studierenden lernen, wie Sensoren, IoT und KI in der Fertigung effizient eingesetzt werden Die Plattform bietet vielfältige Möglichkeiten für Studierende, sich aktiv in die Entwicklungen und Projekte im Bereich der Industrie 4.0 einzubringen. Durch die enge Anbindung an die Technische Universität Kaiserslautern und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), haben Studierende Zugang zu einer fortschrittlichen Lernumgebung, die praxisorientiertes Arbeiten fördert.

2. Lehrfabrik der Hochschule Ansbach
Die Hochschule Ansbach hat sich durch ihre stark praxisorientierten Studiengänge im Bereich Wertschöpfungsmanagement hervorgetan. Die Lehrfabrik in Ansbach erlaubt es den Studierenden, Produktionsprozesse von der Rohmaterialbeschaffung bis zur Auslieferung des Endprodukts zu simulieren und zu optimieren.

In der Lehrfabrik werden modernste Technologien eingesetzt, darunter industrielle Roboter, Automatisierungstechnik, und Fertigungssysteme, die es den Studierenden ermöglichen, die neuesten Entwicklungen in der Produktionstechnik zu erleben. Dabei stehen Themen wie Prozessoptimierung, Produktionsplanung und Digitalisierung im Vordergrund. Durch die praxisnahe Ausbildung sollen die Studierenden auf die Anforderungen der Industrie vorbereitet werden.

3. IWEX Institut für Wertschöpfungsexzellenz
Kompetenz für Lean Management, Smart Factory & Agile Arbeitsweisen

Das IWEX Institut für WertschöpfungsExzellenz bündelt das vielfältige Know-how der Kooperationspartner aus Wissenschaft und Wirtschaft, um es im Rahmen von Trainingsveranstaltungen und Coaching weiterzugeben. Ziel ist die Eweiterung der vorhandenen Kompetenzen für eine nachhaltige Optimierung von Wertschöpfungsprozessen in Unternehmen und damit für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.

Das Institut ist darauf ausgelegt, Wissen und praktische Fähigkeiten in den Bereichen Produktion, Digitalisierung und Wertschöpfung zu vermitteln. Studenten können in der Lern- und Forschungsfabrik Erfahrungen sammeln, indem sie in Projekten mitarbeiten, Abschlussarbeiten schreiben oder an Schulungen teilnehmen.

Die moderne Ausstattung der Lernfabrik ermöglicht es Studierenden, praxisorientiertes Wissen direkt anzuwenden, was besonders in technischen Studiengängen von Vorteil ist. Es wird also auch für Studenten eine hervorragende Möglichkeit geboten, sich in einer realitätsnahen Umgebung auf die industrielle Praxis vorzubereiten.

 

Weitere State-of-the-Art Lehrfabriken sind: Lernfabrik 4.0 der Hochschule Darmstadt
Schwerpunkte: Digitalisierung und Smart Production. Lernfabrik der RWTH Aachen (Cluster Smart Logistik)
Schwerpunkte: Digitalisierung der Produktion, intelligente Logistiksysteme.
Besonderheiten: Die RWTH Aachen gehört zu den führenden Universitäten in den Bereichen Produktionstechnik und Industrie 4.0. Die Lernfabrik bietet praxisorientierte Schulungen und Forschung im Bereich vernetzter Produktionsprozesse. Lernfabrik der Hochschule Esslingen (Siemens Technologiefabrik)
Schwerpunkte: Smart Manufacturing, flexible Automatisierung.
Besonderheiten: Die Lernfabrik ist Teil der Siemens Technologiefabrik und konzentriert sich auf die Ausbildung von Studierenden in realen Produktionsszenarien, unterstützt durch die enge Kooperation mit Siemens.
Lern- und Forschungsfabrik der Technischen Universität München (TUM)
Schwerpunkte: Industrie 4.0, adaptive Produktionssysteme, digitale Zwillinge.
Besonderheiten: Die TUM zählt zu den führenden Universitäten weltweit, und ihre Lernfabrik bietet fortschrittliche Technologien zur Simulation von Produktionsprozessen, die in Echtzeit gesteuert und analysiert werden können. Fraunhofer IPT Lernfabrik (Aachen) Schwerpunkte: Produktionstechnologie, adaptive Fertigung, Digitalisierung. Lernfabrik der Hochschule München Schwerpunkte: Automatisierungstechnik, Industrie 4.0, Robotik.

    Studiengänge, die die Lehrfabrik nutzen

    Lehrfabriken werden heute in einer Vielzahl von Studienfächern genutzt, insbesondere in solchen, die stark praxisorientiert sind und industrielle Prozesse simulieren. Zu den wichtigsten Fachbereichen gehören:

    1. Maschinenbau – Lehrfabriken sind hier besonders wichtig, um Produktionsprozesse, Fertigungstechniken und Maschinensteuerung realitätsnah zu vermitteln.
    2. Wirtschaftsingenieurwesen – In diesem interdisziplinären Fach werden Lehrfabriken genutzt, um die Verbindung zwischen Technik und Betriebswirtschaft zu lehren, insbesondere in den Bereichen Produktionsmanagement und Logistik.
    3. Elektrotechnik und Mechatronik – Studierende lernen in Lehrfabriken, wie elektronische und mechanische Systeme in der Produktion zusammenarbeiten, oft mit Fokus auf Automatisierung und Robotik.
    4. Produktions- und Fertigungstechnik – Lehrfabriken bieten eine Umgebung, um verschiedene Fertigungstechniken zu erproben und Produktionsketten zu simulieren, vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt
    5. Logistik und Supply Chain Management – Diese Studienrichtungen nutzen Lehrfabriken, um den gesamten Wertschöpfungsprozess zu simulieren, einschließlich Lagerhaltung, Bestandsmanagement und Distribution.
    6. Industrie 4.0 und Digitalisierung – Da Lehrfabriken zunehmend mit modernen Technologien ausgestattet sind, werden sie auch in Studiengängen eingesetzt, die sich auf digitale Transformation und vernetzte Produktion konzentrieren.
    7. Nachhaltigkeit und Umwelttechnik – Hier werden Lehrfabriken genutzt, um nachhaltige Produktionsmethoden und energieeffiziente Fertigungsprozesse zu testen und zu optimieren.

    Angebot und Nachfrage

    Das derzeitige Angebot an Lehrfabriken in Europa deckt die steigende Nachfrage sicherlich nicht vollständig ab, insbesondere aufgrund der wachsenden Bedeutung von Technologien wie Industrie 4.0, Automatisierung und nachhaltiger Produktion. In Ländern wie Deutschland ist das Angebot relativ gut entwickelt, während in anderen europäischen Ländern noch Nachholbedarf besteht.

    Warum die Nachfrage nicht gedeckt wird:

    1. Digitalisierung und Industrie 4.0: Die Anforderungen an die Ausbildung im Bereich der digitalen Produktion und vernetzten Systeme steigen stetig. Es gibt nicht genug Lehrfabriken, die speziell auf diese Technologien ausgerichtet sind(
    2. Forschung und Innovation: Immer mehr Hochschulen und Unternehmen erkennen den Bedarf an praxisnaher Ausbildung und Forschung, was den Druck auf die bestehenden Lehrfabriken erhöht.
    3. Zunehmende Komplexität der Fertigung: Die Produktion wird immer komplexer, und viele Studiengänge benötigen Zugang zu spezialisierten Einrichtungen, um moderne Fertigungstechniken zu lehren und zu erforschen.

    Was getan werden müsste, um die Anzahl zu erhöhen:

    1. Investitionen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen: Regierungen und private Unternehmen sollten verstärkt in den Ausbau von Lehrfabriken investieren. Dies könnte durch Förderprogramme oder Kooperationen mit der Industrie geschehen.
    2. Förderung von Public-Private-Partnerships: Die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Unternehmen kann den Ausbau von Lehrfabriken beschleunigen. Unternehmen könnten Infrastruktur und Ausrüstung bereitstellen, während Hochschulen die didaktischen Konzepte entwickeln
    3. Internationale Zusammenarbeit: Europäische Länder könnten enger zusammenarbeiten, um Lehrfabriken in strategischen Regionen zu schaffen, die von mehreren Universitäten und Industrien gemeinsam genutzt werden. Dies würde die Kosten senken und die Effektivität steigern.
    4. Förderung von mobilen Lehrfabriken: Mobile Lehrfabriken könnten eine Lösung sein, um ländliche oder weniger entwickelte Regionen mit den nötigen Ressourcen auszustatten, ohne dass feste Einrichtungen aufgebaut werden müssen.

    Insgesamt müssten sowohl staatliche Stellen als auch die Industrie stärker in den Ausbau von Lehrfabriken investieren, um die steigende Nachfrage zu decken und sicherzustellen, dass Studierende und Fachkräfte in praxisnahen, modernen Produktionsumgebungen ausgebildet werden.

    Made in Germany

    Die Lehrfabriken sind ein Erfolgsmodell „Made in Germany“ und spielen eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung von Fachkräften in Bereichen wie Wertschöpfungsmanagement, Supply Chain Management und Produktionstechnologie. Doch um den steigenden Anforderungen der Industrie gerecht zu werden, sind Investitionen und Engagement von Politik und Wirtschaft unerlässlich. 

    Als Vorstandsvorsitzender des Instituts für Produktionserhaltung (infpro) bin ich überzeugt, dass Lehrfabriken einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland leisten. Sie sind nicht nur Vorreiter in der Ausbildung zukünftiger Führungskräfte, sondern fördern auch die Entwicklung innovativer Produktions- und Logistikprozesse, die den Unternehmen helfen, effizienter und nachhaltiger zu arbeiten.

    Eine Lehrfabrik für KI

    Die Idee einer Lehrfabrik für Künstliche Intelligenz (KI) in Verbindung mit dem Studiengang Wertschöpfungsmanagement ist durchaus realistisch und könnte in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Ausbildung spielen.

    In den letzten Jahren gab es bereits Ansätze, Bildungseinrichtungen und Unternehmen stärker zu vernetzen, um die Auswirkungen von KI auf Produktionsprozesse und Wertschöpfung besser zu verstehen und die Kompetenzen dafür zu entwickeln. Es gibt mehrere Faktoren, die darauf hindeuten, dass solche Einrichtungen künftig vermehrt entstehen könnten.

    Gründe für eine zukünftige Lehrfabrik für KI und Wertschöpfungsmanagement:

            1. Digitalisierung der Industrie: Die Industrie 4.0 hat bereits jetzt eine große Umwälzung in der Wertschöpfungskette bewirkt, wobei Automatisierung und KI wichtige Treiber sind. Da KI zunehmend in Produktion, Logistik und anderen Wertschöpfungsprozessen eingesetzt wird, wird es immer wichtiger, dass zukünftige Fachkräfte verstehen, wie diese Technologien funktionieren und wie sie zur Optimierung der Wertschöpfung beitragen.
            2. Steigender Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften: Unternehmen brauchen zunehmend Fachkräfte, die sowohl technologische Fähigkeiten in Bezug auf KI als auch ein tiefes Verständnis für Wertschöpfungsketten besitzen. Eine Lehrfabrik, die beide Aspekte kombiniert, könnte zukünftige Generationen darauf vorbereiten, die Technologie effizient zu nutzen und gleichzeitig wirtschaftlich zu denken.
            3. Wachsende Bedeutung von praxisnaher Ausbildung: Eine „Lehrfabrik“ bietet einen praxisnahen Ansatz, der es den Lernenden ermöglicht, KI-Technologien direkt in einer simulierten oder realen Produktionsumgebung zu erleben. Diese praxisorientierte Ausbildung könnte die Lücke zwischen theoretischem Wissen und den Anforderungen der Industrie schließen und sicherstellen, dass Fachkräfte nicht nur die Technologien verstehen, sondern auch deren direkte Auswirkungen auf die Wertschöpfung.
            4. Kollaborationen zwischen Universitäten und Industrie: Es gibt bereits mehrere erfolgreiche Kooperationen zwischen Hochschulen und Industrie, die sich auf innovative Technologien und deren Anwendung in der Produktion konzentrieren. In solchen Kooperationen könnte die Idee einer Lehrfabrik für KI und Wertschöpfung gefördert werden, um zukünftige Manager, Ingenieure und Datenwissenschaftler auszubilden. In Deutschland gibt es z.B. Einrichtungen wie Lernfabriken an verschiedenen Universitäten, die bereits auf Industrie 4.0 und digitale Fertigung spezialisiert sind. Diese könnten um den Bereich KI erweitert werden.
            5. Veränderungen in den Bildungsanforderungen: Der schnelle technologische Fortschritt bedeutet, dass die traditionellen Bildungsprogramme zunehmend ergänzt werden müssen, um den Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes gerecht zu werden. KI verändert Geschäftsmodelle, Produktionsprozesse und Wertschöpfungsketten so radikal, dass spezialisierte Ausbildungsstätten notwendig werden, um zukünftige Fachkräfte auf diese Veränderungen vorzubereiten.

     

    Lehrfabriken für KI

    Lehrfabrik der RWTH Aachen: Die RWTH Aachen betreibt eine Lehrfabrik, die stark auf Industrie 4.0-Technologien fokussiert ist. Hier wird den Studierenden praxisnah gezeigt, wie Produktionssysteme automatisiert und vernetzt werden. Themen wie Mensch-Roboter-Kollaboration, Smart Production und Effizienzsteigerung in der Fertigung sind zentrale Inhalte der Ausbildung.

    Lehrfabrik der Technischen Universität München (TUM): Die TUM betreibt ebenfalls eine Lehrfabrik, die sich auf die Digitalisierung von Produktionsprozessen und die Nutzung von KI in der Produktion konzentriert. Studierende können hier an realen Maschinen und Anlagen lernen, wie sie Produktionsabläufe optimieren und Automatisierungstechnologien einsetzen können.

    Lern- und Lehrfabrik Coburg: Diese Einrichtung, betrieben von der Hochschule Coburg, ist sowohl eine Lern- als auch eine Lehrfabrik. Sie fokussiert sich auf die Vermittlung von Wertschöpfungsketten, Lean Management, Industrie 4.0-Technologien und die praktische Anwendung von Automatisierung und KI in der Fertigung. Unternehmen können die Fabrik nutzen, um ihre Mitarbeiter weiterzubilden, während Studierende praxisnah auf die zukünftigen Herausforderungen der Industrie vorbereitet werden.

    Lern- und Lehrfabriken für KI

    Lernfabrik Industrie 4.0 – Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA)

    Das Fraunhofer IPA in Stuttgart betreibt eine der bekanntesten Lernfabriken in Deutschland, die direkt auf die Anforderungen der Industrie 4.0 abzielt. Diese Lernfabrik bietet Unternehmen und Studierenden die Möglichkeit, moderne Produktionstechnologien und deren Integration in intelligente Fertigungsprozesse zu erproben. Schwerpunkte sind unter anderem:

    • Automatisierung von Produktionsprozessen
    • Robotik und Mensch-Roboter-Kollaboration
    • Künstliche Intelligenz zur Optimierung von Produktionsabläufen
    • Predictive Maintenance (vorausschauende Wartung)

    Diese Lernfabrik dient als Testumgebung, in der Unternehmen neue Technologien unter realen Produktionsbedingungen ausprobieren können. Ziel ist es, die Effizienz der Wertschöpfungsketten zu steigern und den Übergang zu smarten Fabriken zu erleichtern.

    2. SmartFactoryOWL – Fraunhofer IOSB-INA und Hochschule OWL

    Die SmartFactoryOWL ist eine gemeinsame Initiative der Hochschule Ostwestfalen-Lippe (OWL) und des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB-INA). Diese Einrichtung ist eine offene Forschungs- und Demonstrationsplattform, die sich auf das Thema Industrie 4.0 und Smart Production spezialisiert hat. Sie verbindet Forschung, Lehre und Industriekooperationen.

    Einige der Hauptthemen:

    • Vernetzte Produktionssysteme und deren Optimierung mithilfe von KI
    • Datenanalyse und maschinelles Lernen zur Steigerung der Effizienz in der Produktion
    • Cyber-Physische Systeme (CPS), die reale Produktionsumgebungen mit der digitalen Welt verbinden
    • Automatisierungslösungen für flexible Fertigung

    Die SmartFactoryOWL bietet Unternehmen und Studierenden die Möglichkeit, in einer realen Produktionsumgebung zu forschen und zu lernen. Hier können neueste Technologien zur Effizienzsteigerung in der Produktion und zur besseren Nutzung von Ressourcen erprobt werden.

    3. Lernfabrik at INES – Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE)

    Das Fraunhofer IESE in Kaiserslautern betreibt die Lernfabrik at INES (Industrie 4.0 Experience Space), die sich auf digitale Transformation und KI-Anwendungen in der Industrie spezialisiert. Diese Lernfabrik setzt auf praxisorientierte Lehre und Forschung, um innovative Technologien in der Produktion zu erproben.

    Schwerpunkte:

    • Digitale Plattformen für die Produktionssteuerung und Prozessoptimierung
    • Simulation von Produktionsprozessen zur Optimierung der Wertschöpfung
      KI-basierte Prozesssteuerung
    • Big Data und Datenanalyse in der Produktion

    4. Lern- und Forschungsfabrik CiP – Technische Universität Darmstadt in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF)

    Die Center for Industrial Productivity (CiP) Lern- und Forschungsfabrik an der Technischen Universität Darmstadt bietet eine Plattform, auf der zukunftsweisende Produktionstechnologien erforscht werden. Diese Lernfabrik wird in enger Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer LBF betrieben und konzentriert sich auf Effizienzsteigerung in der Produktion durch Automatisierung und digitale Technologien.

    Hauptthemen:

    • Adaptive Produktionstechniken
      Mensch-Maschine-Kollaboration
      Automatisierte Produktionsprozesse mithilfe von KI und maschinellem Lernen
    • Digitale Zwillinge zur Simulation und Optimierung von Wertschöpfungsketten

     

    Bilder:  Erstellt mit (c) DALL-E von OpenAI.

    Klaus Weßing

    Vorstandsvorsitzender des Instituts für Produktionserhaltung e.V.

     

     

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    klaus.wessing@infrpo.org