Ohne starke Industrie keine Zukunft.
Ein Beitrag von Klaus Weßing.
„Deutschland Anfang 2025: Das ist eine Stimmung in Wirtschaft und Gesellschaft, die wie Mehltau über dem Land liegt. Die Menschen fühlen sich gegängelt. Fleiß, Arbeit und Anstrengung lohnen sich immer weniger. Das Versprechen von Aufstieg durch Leistung scheint leer…“ heißt es es in der Agenda 2030. Neuer Wohlstand für alle. Beschluss des Bundesvorstandes der CDU Deutschlands Hamburg, 10./11. Januar 2025.
Ohne Frage, Deutschland steht Anfang 2025 an einem kritischen Punkt. Die wirtschaftliche Unsicherheit wächst, die Industrieproduktion stagniert, und Unternehmen kämpfen mit hohen Energiepreisen, Fachkräftemangel und überbordender Bürokratie. Gleichzeitig ziehen Länder wie die USA und China mit massiven Investitionsprogrammen in Zukunftstechnologien davon. Während Deutschland über neue Regulierungen debattiert, investieren andere in Produktionskapazitäten, KI-gestützte Fertigung und resiliente Lieferketten. Die Frage ist nicht mehr, ob wir handeln müssen – sondern ob wir überhaupt noch die Kraft und den politischen Willen haben, unsere industrielle Basis zu sichern. Denn eins ist klar: Ohne eine starke, innovative und wettbewerbsfähige Industrie wird es keinen nachhaltigen Wohlstand geben.
Wie kann also die industrielle Wertschöpfung gesichert und in einem zunehmend wettbewerbsintensiven globalen Umfeld gestärkt werden? Die Antwort darauf kann nicht isoliert aus einzelnen Maßnahmen bestehen, sondern erfordert ein Zusammenspiel aus technologischer Innovation, Effizienzsteigerung und gezielter industriepolitischer Weichenstellung.
Das Institut für Produktionserhaltung (infpro) sieht insbesondere drei zentrale Handlungsfelder:
- Technologie als Treiber der Wertschöpfung nutzen
- Die industrielle Produktion muss verstärkt auf Künstliche Intelligenz, Automatisierung und digitale Zwillinge setzen, um Produktivität und Qualität zu steigern.
- Unternehmen wie Siemens und Bosch zeigen bereits, wie datengetriebene Fertigungsprozesse die Effizienz erhöhen und Produktionskosten senken können.
- Zudem müssen dezentrale Produktionsnetzwerke gestärkt werden, um die Abhängigkeit von globalen Lieferketten zu verringern.
- Effizienzsteigerung durch Lean Management und Ressourcenschonung
- Energieintensive Branchen wie die Chemie-, Metall- und Automobilindustrie stehen unter enormem Kostendruck. Hier können Smart Factory-Konzepte und energieeffiziente Produktionsmethoden helfen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
- Politische Rahmenbedingungen: Bürokratieabbau und Investitionsanreize
- Die Industrie braucht schnellere Genehmigungsverfahren für Produktionsanlagen, steuerliche Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie gezielte Förderprogramme für Zukunftstechnologien.
- Andere Länder wie Frankreich setzen mit dem „France 2030“-Plan gezielt auf staatliche Unterstützung für strategische Industrien – Deutschland darf hier nicht ins Hintertreffen geraten.
- Zudem ist eine europäische Industriepolitik notwendig, die Wertschöpfung nicht nur national, sondern im gesamten Wirtschaftsraum stärkt.
Die Zukunft der industriellen Produktion in Deutschland und Europa hängt maßgeblich von der Fähigkeit ab, Innovation, Effizienz und verlässliche politische Rahmenbedingungen miteinander zu verknüpfen. Das Institut für Produktionserhaltung (infpro) sieht hierin den Schlüssel, um Wertschöpfung nachhaltig zu sichern und zu steigern.
Moderne Produktion kann ohne digitale Technologien nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Künstliche Intelligenz, Automatisierung und datengestützte Prozessoptimierung sind entscheidend, um Kosten zu senken, Effizienz zu steigern und qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. Wer in globalen Märkten bestehen will, muss diese Technologien nicht nur nutzen, sondern konsequent weiterentwickeln. Eine intelligente, vernetzte Produktion ermöglicht es Unternehmen, flexibler auf Marktanforderungen zu reagieren und sich Wettbewerbsvorteile zu sichern.
Gleichzeitig hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, wie verwundbar globale Lieferketten sind. Die Abhängigkeit von wenigen Zulieferern oder bestimmten Regionen kann die Produktion empfindlich stören. Deshalb setzt sich infpro für eine resiliente Wertschöpfungskette ein – mit mehr regionaler Produktion, strategischer Rohstoffsicherung und intelligenten Logistiksystemen. Wer auf Widerstandsfähigkeit setzt, sichert nicht nur Arbeitsplätze, sondern reduziert auch das Risiko geopolitischer Erschütterungen.
Doch selbst die besten Technologien und widerstandsfähigsten Strukturen nützen wenig, wenn Unternehmen an Bürokratie und langwierigen Genehmigungs-prozessen scheitern. Investitionen in Forschung, Entwicklung und moderne Produktionsanlagen müssen einfacher und schneller realisierbar sein. Infpro fordert deshalb eine entschlackte Regulierung und gezielte steuerliche Anreize, damit Unternehmen mutig in die Zukunft investieren können.
Schließlich muss Produktion als strategisches Gut verstanden werden. Deutschland und Europa dürfen nicht zulassen, dass Schlüsselindustrien abwandern oder technologische Souveränität verloren geht. Infpro fordert eine aktive Industriepolitik, die Wertschöpfung gezielt fördert, Produktionskapazitäten sichert und Innovationskraft stärkt. Denn Wertschöpfung ist mehr als reine Produktion – sie ist die Grundlage für wirtschaftlichen Wohlstand, soziale Sicherheit und technologische Zukunftsfähigkeit.
Neben Strukturen und Prozessen spielt aber auch der Mensch eine entscheidende Rolle. Ohne qualifizierte Fachkräfte wird es keine nachhaltige Wertschöpfung geben. Infpro sieht eine umfassende Bildungsstrategie als notwendig an, die junge Menschen für industrielle Berufe begeistert und bestehende Arbeitskräfte auf neue technologische Anforderungen vorbereitet. Gerade im Bereich der digitalen Kompetenz muss mehr getan werden, um den Anschluss an internationale Standards nicht zu verlieren.
Gerade im Bereich der Ausbildung engagiert sich das Institut seit seiner Gründung 2007 aktiv, um die Weichen für die nächste Generation von Fach- und Führungskräften zu stellen. So unterstützt infpro Studiengänge, die sich gezielt mit Wertschöpfungsmanagement befassen – zuletzt an der SHR Hochschule, wo praxisnahe Inhalte vermittelt werden, die den Herausforderungen der modernen Industrie gerecht werden. Der Schulterschluss zwischen Wissenschaft, Unternehmen und Verbänden ist entscheidend, um Wertschöpfung nicht nur zu sichern, sondern weiterzuentwickeln.
Deutschland am Scheideweg
Deutschland steht an einem Scheideweg. Entweder gelingt es uns, die richtigen Weichen für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Industrie zu stellen – oder wir riskieren, unsere Stellung als Industrieland zu verlieren. Wir machen dies seit vielen Jahren immer wieder deutlich: Wer in Deutschland produzieren will, braucht technologische Innovationskraft, resiliente Lieferketten, unternehmerische Freiheit und eine gut ausgebildete Fachkräftebasis. Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam handeln, um den Produktionsstandort Deutschland nicht nur zu erhalten, sondern zukunftssicher weiterzuentwickeln. Doch die Wertschöpfung gibt es nicht umsonst.
Mehrere Studien und Berichte haben auf Herausforderungen hingewiesen, die die industrielle Wertschöpfung bedrohen. So warnen die Autoren der Studie „Transformationspfade“, die der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bei der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) beauftragt hat, davor, dass bis 2030 rund 20 Prozent der industriellen Wertschöpfung in Deutschland gefährdet sein könnten. Als Hauptgründe werden hohe Energiepreise, Fachkräftemangel, übermäßige Bürokratie und mangelnde Investitionen in Digitalisierung und Infrastruktur genannt. Die Studie betont die Notwendigkeit von zusätzlichen Investitionen in Höhe von 1,4 Billionen Euro bis 2030, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Die Bundeszentrale für politische Bildung hebt hervor, dass die deutsche Wirtschaft stark auf die Weltmärkte ausgerichtet ist und in instabilen Zeiten besonders anfällig reagiert. Die Diskussion über das richtige wirtschaftspolitische Handeln ist daher in vollem Gange, wobei der Fokus auf der Stärkung der industriellen Basis und der Anpassung an globale Veränderungen liegt.
Es ist nicht verwunderlich, dass die CDU hat in ihrem Wirtschaftsprogramm „Agenda 2030“ die Steigerung der Wertschöpfung als zentrales Ziel verankert. Sie strebt ein jährliches Wirtschaftswachstum von mindestens zwei Prozent an, was zu einer zusätzlichen Wertschöpfung von über 80 Milliarden Euro pro Jahr führen soll. Dieses Wachstum soll durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden, darunter eine umfassende Steuerreform, die Senkung der Unternehmenssteuern und die Förderung von Zukunftstechnologien. Zudem plant die CDU, Bürokratie abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken, um so die industrielle Wertschöpfung zu sichern und auszubauen.
Agenda 2030
Die CDU legt in ihrer „Agenda 2030“ besonderen Wert auf die Steigerung der Wertschöpfung, weil sie darin eine zentrale Voraussetzung für Wohlstand, wirtschaftliche Stabilität und soziale Sicherheit sieht. Hier sind die wichtigsten Gründe, warum das für die CDU so wichtig ist:
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands
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- Die CDU erkennt, dass Deutschland als Industriestandort unter steigendem internationalen Wettbewerbsdruck steht (v.a. durch China und die USA).
- Höhere Wertschöpfung bedeutet, dass deutsche Unternehmen innovativ und produktiv bleiben und ihre Position auf dem Weltmarkt sichern.
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Sicherung von Arbeitsplätzen
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- Hohe Wertschöpfung bedeutet auch eine höhere Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften.
- Die CDU will verhindern, dass gut bezahlte Industriearbeitsplätze in Länder mit niedrigeren Produktionskosten abwandern.
Steigerung des Wirtschaftswachstums
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- Das Ziel von mindestens 2 % Wirtschaftswachstum pro Jahr soll eine zusätzliche Wertschöpfung von 80 Milliarden Euro jährlich generieren.
- Wachstum schafft mehr Spielraum für Investitionen in Digitalisierung, Infrastruktur und Bildung.
Finanzierung des Sozialstaats
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- Eine starke Wertschöpfung sorgt für höhere Steuereinnahmen, was wiederum Renten, Gesundheitsversorgung und Bildungssysteme finanziert.
- Ohne nachhaltige Wertschöpfung drohen steigende Sozialabgaben oder Steuererhöhungen, was die CDU vermeiden will.
Technologische Souveränität & Innovation
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- Die CDU will, dass Deutschland in Schlüsseltechnologien wie KI, Automatisierung und erneuerbaren Energien führend bleibt.
- Eine höhere Wertschöpfung erlaubt mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung, um technologische Abhängigkeiten von anderen Ländern zu reduzieren.
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Bürokratieabbau & Standortattraktivität
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- Die CDU sieht übermäßige Bürokratie als Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung.
- Durch Steuererleichterungen und den Abbau von Regulierungen sollen Unternehmen mehr in Wertschöpfung investieren können.
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Für die CDU ist Wertschöpfung das Fundament für wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Sicherheit. Ohne eine starke industrielle Basis kann Deutschland langfristig weder wettbewerbsfähig bleiben noch seinen Sozialstaat finanzieren. Deshalb setzt die Partei in ihrem Wirtschaftsprogramm 2030 stark auf die Förderung von Investitionen, Innovationen und Unternehmertum.
Das Institut für Produktionserhaltung (infpro) sieht viele der in der CDU-Agenda genannten Punkte als relevante Herausforderungen für die Zukunft der industriellen Wertschöpfung in Deutschland. Insbesondere die Forderungen nach Bürokratieabbau, der Unterstützung von Zukunftstechnologien und der Entlastung von Unternehmen sind zentrale Anliegen, die auch infpro seit Langem betont. Infpro teilt die Einschätzung, dass die Industrie in Deutschland von regulatorischen Fesseln befreit werden muss, um Investitionen in moderne Produktionsprozesse zu erleichtern. Schnellere Genehmigungsverfahren für Produktionsanlagen, gezielte Förderprogramme für Innovationen und eine Digitalisierung der Verwaltungsprozesse sind essenziell, um die industrielle Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Auch die Unterstützung von Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz, Automatisierung und nachhaltige Produktionsmethoden steht im Einklang mit der Strategie von infpro. Die Förderung von Resilienz in der Wertschöpfungskette, etwa durch eine stärkere regionale Produktion und weniger Abhängigkeit von globalen Lieferketten, ist ebenfalls eine Priorität des Instituts.
Während die CDU von einem „starken und fairen Sozialstaat“ spricht, bleibt offen, wie dieser mit den geforderten wirtschaftlichen Entlastungen finanziert werden soll.
Infpro fordert für Deutschland eine realistische und nachhaltige Industriepolitik, die sowohl Wettbewerbsfähigkeit als auch soziale Verantwortung in Einklang bringt. Ein zu starker Fokus auf Leistungsförderung darf nicht zulasten einer notwendigen Fachkräftequalifizierung oder langfristiger Industrieinvestitionen gehen. Zudem braucht es konkrete Maßnahmen zur Fachkräftesicherung, die über allgemeine Entlastungsversprechen hinausgehen. Deutschland kann nur ein Land des Mutes und der Zuversicht werden, wenn neben wirtschaftlicher Deregulierung auch gezielt in Bildung, Forschung und innovative Produktionsmethoden investiert wird.
Wertschöpfungstage 2025
Infpro setzt sich dafür ein, dass politische Programme nicht bei allgemeinen Bekenntnissen bleiben, sondern gezielt umsetzbare Maßnahmen entwickeln. Die Berliner Wertschöpfungstage von infpro bieten genau diese Plattform: Hier diskutieren Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, wie Wertschöpfung in Deutschland aktiv gestaltet werden kann – technologisch, wirtschaftlich und strategisch. Die Veranstaltung am 22. und 23. November ist ein wichtiger Impulsgeber für die Zukunft der europäischen Wertschöpfung – und zeigt, dass Industrie kein Selbstläufer ist, sondern gezielt gestaltet werden muss. Jetzt schon den Termin vormerken, weitere Informationen hierzu kommen bald.
Bilder: Susanne O´Leary, erstellt mit (c) DALL-E von OpenAI.

Klaus Weßing
Vorstandsvorsitzender des Instituts für Produktionserhaltung e.V.